Clubschwestern im Portrait - 1 - Ann-Christin Wagenmann

Wir werden in lockerer Folge Interviews mit unseren Clubschwestern führen. Den Anfang macht     Ann-Christin Wagenmann, langjähriges SI Mitglied mit Leidenschaft, Aufsichtsrätin, passionierte Förderin junger Frauen in Führungspositionen, Expat und Tierschützerin in Südafrika.

  1. Wann bist du zu SI gekommen? // Wie lange bist du bei SI? Ich wurde am 7.Juni 1990 zusammen mit Gunda R. Mathies im Club Hamburg aufgenommen, das sind jetzt 33 Jahre Mitgliedschaft bei Soroptimist International.

  2. Wie bist du zu SI gekommen? In den 1980 Jahren suchte ich aktiv nach einem beruflichen Netzwerk. Zu dieser Zeit konnte man als Frau nicht Mitglied bei Rotary oder Lions werden. So gründete ich zunächst einen internationalen Club „Ladies Circle“ in Hamburg und machte dann Investigationen über bestehende Frauen-Netzwerke und Berufsverbände. Ich fand es sehr traurig, dass auf fast jedem Flughafen die Rotarytafeln ausgehängt sind mit den Kontaktdaten und man als Frau nicht zu diesem beruflichen Netzwerk dazu gehören kann. Inzwischen ist es möglich…aber zu spät für mich.

  3. Was machst du/ hast du beruflich (gemacht)? 3 Jahre habe ich in Südafrika und dann 4,5 Jahre in Elmshorn/Bremen bei amerikanischen Konzernen gearbeitet. Über 30 Jahre habe ich bei Beiersdorf das internationale Geschäft aufgebaut. (Seit dem 1.4.82 habe ich das europ./jap.Deodorantgeschäft verantwortet. Am 5.4.88 erhielt ich die Prokura und war verantwortlich für die Strategie, die Markenführung und die Entwicklung von Personal Care (8x4, NIVEA, Labello, u.a.) in Europa, Amerika und Japan.) Viele neue Produkte wurden entwickelt und in meiner Verantwortung in die Märkte eingeführt. Danach baute ich die Beauty Division (Dekorative Kosmetik, Männer) weltweit auf. Die unterschiedlichen Kulturen und Pflegegewohnheiten faszinierten mich. 2000-2008 arbeitete ich in Durban und war als Geschäftsführerin für 18 Afrikanische Länder zuständig für alle Marken (NIVEA, Eucerin, Labello, Elastoplast) mit über 100 Mitarbeitern. Mein besonderer Fokus lag auf Kundenzufriedenheit, neue Produktentwicklung für den afrik. Markt, der Integration der Mitarbeiter, Austausch der Diversitätsmerkmale und der Entwicklung der MA. Seit 2012 bin ich im Aufsichtsrat von Maxingvest (Beiersdorf, Tchibo). In all den Jahren als Führungskraft kümmerte ich mich um das Coaching/Mentoring von jungen Mitarbeitern und besonders von Frauen. Was mich am meisten freut ist, dass heute viele meiner Mitarbeiter eine gute Karriere gemacht haben, manche es bis in den Vorstand geschafft haben.

  4. Warum bist du bei SI? Das weltweite Netzwerk gefällt mir, da ich gerne reise und an unterschiedlichen Kulturen interessiert bin. Bei meiner Tätigkeit konnte ich SI-Clubs in vielen Länder besuchen und habe über die Jahre auch viele Freundinnen gefunden. Die Vertretung bei der UN begeistert mich, da wir so eine Stimme für Frauen sein können und vieles als Organisation bewegen. Ich setze mich gerne ein für andere, liebe Veränderungen und mische mich ein zur Verbesserung der Stellung der Frau. Mentoring und die Unterstützung von jungen Frauen begleite ich besonders gerne, auch die Gleichberechtigung ist mir ein Grundbedürfnis. An einem frauenfreundlichen Arbeitsumfeld war mir immer gelegen und so konnte ich viele Veränderungen herbeiführen (flexible Arbeitszeit, Work/Life-Balance, Home Office an einem Tag in der Woche etc) und damit den Frauenanteil signifikant steigern.

  5. Engagierst du dich neben SI noch in weiteren Serviceclubs oder gemeinnützigen Organisationen? Ich leite unsere Familienstiftung, die sich mit der Ausbildung von jungen Frauen zu Rangerinnen beschäftigt und dem Schutz der Elefanten und Nashörnern dient im Krügerpark. Diese jungen Frauen wurden Vorbilder in ihren Dörfern und ziehen viele Jugendliche nach sich, zeigen dass mehr Bildung und Verantwortung ein größeres Selbstwertgefühl gibt und sie eine höhere Lebensqualität erfahren.

  6. Was war dein bedeutendstes Projekt bei SI? Als Sachbereichsverantwortliche „Wirtschaftliche Entwicklung“ von SID in den 90gern konnte ich viele Initiativen implementieren. Ein Projekt in Südafrika, das wir mit dem Club Durban begannen, betreuten und heute weiterverfolgen mit HelpAge. „Jede Oma zählt“ erfreut mich wegen der Nachhaltigkeit. Auch die Revitalisierung des Clubs Hamburg während meiner Präsidentschaft bedeuten mir viel. Hervorzuheben ist auch dass in der Pandemie alle Clubmitglieder sich „digital“ weiterentwickelt haben und an den vielen Zoom-Treffen teilnahmen.

  7. Warum würdest du SI anderen Frauen empfehlen? Jede Frau kann sich im Club erproben (Vorträge halten, Freie Rede üben, Organisation) und Verantwortung übernehmen in einem positiven Umfeld. So bekommt sie mehr Selbstsicherheit im Beruf. Die nationalen und internationalen Kontakte bereichern das Leben und es entstehen neue Freundschaften. Zusammen können wir uns für weniger Privilegierte einsetzen, auch für die Gleichberechtigung einstehen und mittels Aktionen zur Erreichung der UN-Ziele, der Agenda 2030, beitragen.

  8. Welche Ämter hast du bekleidet? Im Club Hamburg: Schriftführerin, Schatzmeisterin, Delegierte, Präsidentin. Bei SID: Mentorin und Sachbereichsbeauftragte für Wirtschaftliche Entwicklung über viele Jahre

  9. Wie viel Zeit investierst du für SI? Ca 6-8 Stunden pro Woche derzeit als Schriftführerin. Ich nehme an digitalen Veranstaltungen von SI, der UN (CSW66), SIE und SID teil, d.h. dann sind es oft mehr Stunden.

  10. Wie sieht ein Clubabend aus? Nach dem Essen und Klönen dauert ein Treffen ca. 2 Stunden: Vortrag, Informationsweitergabe von SID, SIE, SI, ein 3-Minuten-Gespräch einer Clubschwester und Verfolgung der Projekte sowie anstehende Besuche/Ausflüge

  11. Was gibt es noch für andere Veranstaltungen neben SI? Austausch mit Zonta, Inner Wheel, Teilnahme an lokalen Events von NGOs, vom Senat, Infostände am 8.3. (Weltfrauentag)

  12. Was sind Links? Mit einigen Clubs vernetzt sich der Club für einen intensiven Austausch: es werden Reisen, Freundschaften und gegenseitige Besuche gemacht. Mit unserem Link in Vilnius haben wir einen besonders aktiven Austausch und gemeinsame Projekte. Im Juni machen wir einen Gegenbesuch bei dem Link in Kopenhagen.

  13. Ist SI ein rein privates, gemeinnütziges Netzwerk oder hast du auch berufliche Kontakte geknüpft? Bei meinen vielen Reisen und Besuchen habe ich interessante Frauen kennengelernt aus verschiedenen Berufsbereichen, die ich sonst nie getroffen hätte. Besonders in Japan konnte ich durch die SI Kontakte zu Frauen viel über das tägliche Leben, Familienleben und Gewohnheiten lernen, die ich bei der Vermarktung unserer Produkte berücksichtigen konnte. In einer männerdominierten Welt haben mir diese direkten Kontakte viel bei den beruflichen Entscheidungen geholfen.

  14. Hast du jemals darüber nachgedacht, SI zu verlassen / einem anderen Serviceclub beizutreten? Nein, denn ich habe die Vorteile einer reinen Frauenorganisation schätzen gelernt. Durch die eigenen Erfahrungen können wir gezielt andere Frauen besser verstehen und unterstützen.

  15. Gab es Zeiten in denen du SI weniger Zeit widmen konntest? (wie bist du damit umgegangen, wie ist der Club damit umgegangen?) Da mir das SI Netzwerk wichtig ist, habe ich immer Zeit gefunden, etwas für die Organisation zu tun oder mich bei einige Projekten einzubringen, mal mehr mal weiniger. Alle SI Informationen kann man online lesen, oder gelegentlich zu einer Charterfeier oder Geburtstagsfeier fahren, um den Club zu vertreten. Selbst während der 8 Jahre in Südafrika, wo ich Mitglied im Club Durban war, hielt ich Kontakt zum Hamburger Club und einigen SID Bekannten. Beim Club Hamburg war ich beurlaubt, bezahlte aber weiterhin meinen Beitrag.

... und Ann-Christins persönliche Anmerkungen:

  1. SI im Ausland - ankommen in Durban - SI Freundschaften 

Als ich 2000 in Durban ankam, meldete ich mich gleich bei der Präsidentin vom Club Durban. So wurde ich eingeladen und bekam auch unerwartete persönliche Unterstützung bei der Hausfindung und der Anstellung einer Putzfrau. Es war sehr interessant zu einer anderen Föderation dazuzugehören. In GB&I geht es sehr viel formeller zu. Die Präsidentin wurde immer mit „Miss President“ angesprochen. Der Club war veraltet und es mussten neue Umgangsformen erarbeitet werden, damit sich auch junge Frauen für SI interessierten. Besonders Schwarze und Inderinnen wollten mehr für die persönliche Entwicklung erfahren mittels Seminaren und Mentoring. Da konnte ich meine berufliche Erfahrung gut mit einbringen und mithelfen, den Club zu transformieren. In Durban wurde 2001 eine JHV von Südafrika mit allen 10 Clubs organisiert, so hatte ich die Chance viele Sorores aus anderen Städten kennenzulernen. Die Clubs konnte ich oft besuchen bei meinen geschäftlichen Reisen. Natürlich benutzte ich auch die Gelegenheit von ihnen ihre Körperpflege-Rituale zu erfahren und sie danach mit neuen Produkten zum Testen zu animieren.

  1. Karriere und SI vereinbaren: das geht, solange man sich gut organisiert und den Kontakt zum Club oder einzelnen Clubschwestern hält. Durch meine Berufstätigkeit konnte ich viele Kontakte für Projekte nutzten und Sponsoren motivieren diese zu unterstützen.

  2. Aufgaben einer Präsidentin Sie koordiniert den Vorstand, legt die strategische Ausrichtung des Clubs fest und gibt ein Motto/Schwerpunkt für die 2 Jahre ihrer Amtszeit vor. Sie verantwortet die finanzielle Unterstützung für Projekte. Sie führt den Vorsitz bei allen Sitzungen, lädt zur JHV ein und bereitet diese vor. Außerdem vertritt sie den Club nach außen, sie nimmt deshalb an vielen Bezirkstreffen, Charterfeiern, Jubiläen, Arbeitstreffen, Präsidentinnentreffen und auch an internationalen Meetings teil. Innerhalb des Clubs sorgt sie für eine gute Motivation und engagiert sich für die Integration der neuen Mitglieder. Sie koordiniert die Vorstandsarbeit und setzt die Beschlüsse des Clubs um.

  3. internationale Conventions: die Weltkonferenz (alle 4 Jahre) sollte genutzt werden das große Netzwerk kennenzulernen. Die World Convention zu 75 Jahre SI in San Francisco gehört zu meinen absoluten Highlights. 2023 findet die Weltkonferenz in Dublin statt, also können einige von uns teilnehmen, ich ganz bestimmt. Auch die Teilnahme an dem deutschsprachigen Freundschaftstreffen (alle 2 Jahre)- im September 2022 in Kiel -, oder an den Europa-Treffen (alle 4 Jahre) geben gute Gelegenheit neue Kontakte zu machen und alte Freundinnen wieder zutreffen. Ich habe das sehr oft genutzt ( z.B. Istanbul, Florenz) und es war immer so motivierend mitzuerleben, was die Organisation Soroptimist International unter der Leitlinie „awareness-advocacy-action“ erreichen kann. Durch die Gespräche lernt man viel von der Lebensweise in den unterschiedlichen Ländern, bekommt Anregungen für Projekte oder Vorträge für den Club sowie Vorgehensweisen zur Mitgliedergewinnung.

  4. SI in Coronazeiten - virtuelle Teilnahme an internationalen Events  Die Pandemie hat die schnelle Akzeptanz der virtuellen Teilnahme auf lokaler und internationaler Ebene stark gefördert. Ich konnte so alle CSW 65/66 (Commission on the Status of Women) verfolgen bei der UN, New York oder auch die Charter der Afrikanischen Union (5.SI Föderation) und den 1. Geburtstag des virtuellen Clubs in Mailand

  5. Förderung junger Frauen im Unternehmen - SI Themen im Berufsalltag leben 

Durch Roundtable-Gespräche, Vorträge zur Stärkung von Frauen, Ermutigung zur Karriere, Unterstützung von Work/Life-Balance kann sich SI oder eine Clubschwester bei der Frauenförderung einbringen. Wichtig ist, sich im Berufsleben immer der Vorbildfunktion bewusst zu sein und danach zu handeln. Sich einsetzen für Chancengleichheit, gleiche Bezahlung, Diversität fördern, Frauen für Soziales Engagement motivieren, sich kontinuierlich weiterbilden, das sind nur einige Schwerpunkte wie man im Beruf die SI Themen eingebracht werden können und sollten. Warum halten wir nicht kurze Lunch-Hour Vorträge über die Agenda 2030 und organisieren ein soziales Projekt.

  1. was wünscht du dir für die nächsten 100 Jahre SI? Ich wünsche mir, dass

    • mehr junge Frauen sich für ein Netzwerk für berufstätige Frauen interessieren und Mitglied werden. Nur zusammen sind wir stärker und nur so können wir unsere Welt und Gesellschaft verbessern.

    • Der Austausch zwischen den Generationen im Netzwerk soll weiterhin eine persönliche Bereicherung bleiben.

    • Wir sollten mehr Mentoring für die jungen Frauen anbieten und durchführen, so kann auch die Gleichberechtigung schneller vorangetrieben werden

    • mehr Frauen sollten sich trauen, Verantwortung bei SI und in der Gesellschaft zu übernehmen.

  1. ACW, du bist eines der Mitglieder mit der längsten SI-Zugehörigkeit - wie hat sich SI über die Jahre verändert und welche Veränderungen sollten in den nächsten Jahren anstehen, damit SI weiterhin ein attraktives Netzwerk für berufstätige Frauen bleibt? 

Dank der Globalisierung ist man in den letzten 25 Jahren gut digital vernetzt, alle Informationen kann man auf der Homepage von SID, SIE, und SI sowie der UN jederzeit abrufen. Das war vorher nur einmal im Quartal mittels des „Soroptimist Intern“ (Deutschland) oder dem „Link“-Heftes (Europa) möglich. Die Clubs und Föderationen sind deutlich näher zusammengerückt, der Austausch und Wissenstransfer zwischen den Clubs ist jetzt schneller und unkomplizierter. Unkompliziert können wir heute zu jeder Zeit, das ganze Netzwerk erkunden und verstehen lernen. Wir sind nicht nur ein Club berufstätiger Frauen sondern ein weltweites Netzwerk, eine der größten Serviceorganisationen berufstätiger Frauen mit gesellschaftspolitischem Engagement. Wir stehen ein für Menschenrechte, weltweiten Frieden und internationale Verständigung sowie verantwortliches Handeln, Vielfalt und Freundschaft.

In der Zukunft sollten wir uns noch mehr digital austauschen und einsetzen bei der Unterstützung von Welt- und Landesprojekten. Es müssen sicher auch mehr virtuelle Clubs entstehen oder gemischte Formen, da sich die berufstätigen Frauen heute dann noch flexibler beteiligen können an Aktionen und Projekten. Digitale Vorträge in den Clubs sollten über die Region hinaus erfolgen. Ein ganz deutlicher Fokus sollte auch auf der Weiterbildung und dem Mentoring sein. Wir brauchen mehr Frauen in Führungspositionen und Si könnte hier einen wesentlichen Beitrag leisten. Die „Europäische Academy for Mentoring“ sollte von allen Clubs in den europäischen Ländern unterstützt werden mit Geldmitteln und Expertise.

Sept. 2023

 




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