Vergangenheit und Zukunft – eine aktive Soroptimistin erinnert sich

Anmerkungen von Jutta Heinrichs zum 60. Geburtstag des SI Clubs Hamburg am 24. Juni 2016

Als ich im Januar 1969 in den Hamburger Club - dem 4. ältesten in Deutschland – eintrat, war vieles anders als es heute ist. Ich erinnere mich, dass ich damals stolz aber auch ein bisschen ängstlich war, denn dass sich eine junge Frau (ich war 28) in einem internationalen Club engagierte, war weniger selbstverständlich als heute. Warum bin ich eigentlich damals eingetreten? Ich hatte das Gefühl, dass wir für Frauen und vor allem auch für Mädchen u. a. die in meinen Schulklassen etwas tun musste – das erste Ziel der Soroptimisten lautete nämlich: Die Verbesserung der Stellung der Frau (so hieß es damals noch).

1969 gab es in Deutschland 20 Clubs, heute 214 mit über 6.500 Mitgliedern. Vieles wurde noch sehr 'schlicht' gehandhabt. Ich erinnere mich z.B. nicht, dass es eine Kerzenzeremonie bei der Aufnahme gab. Man hatte eine Patin und die sagte einem irgendwann 'Sie sind in unserem Club aufgenommen'. An dem 'Sie' sehen wir auch einen gravierenden Unterschied zu heute. Nicht nur im steifen Norden sondern allgemein siezte man sich. Die Frage, ob das 'Du' eine größere Nähe und Effizienz schafft, sei dahingestellt.

Durch die rasche Zunahme der Mitgliederzahlen und der Clubs wuchs die Bürokratie, die manchmal etwas nervt aber wohl unumgänglich ist. Die hohe Mitgliederzahl von 80.000 Soroptimistinnen in der Welt ermöglicht die Schaffung eines effektiven Netzwerkes, was besonders für jüngere berufstätige Frauen von großer Bedeutung ist. Die gewachsene Internationalität ist ein Beitrag des Soroptimismus zur Friedensstiftung in der Welt. Dazu beigetragen haben auch die Links, die unseren Club – und natürlich auch alle anderen Clubs - von Anfang an bereichert haben und noch immer tun.

Aber nicht nur die internationale Vernetzung ist seit den 60-er Jahren bedeutungsvoller geworden, sondern auch die nationale. Ich erinnere mich, dass der Hamburger Club Ende der 70-er - nachdem die Deutsche Union 1973 in den Deutschen Frauenrat eingetreten war – Mitglied des Landesfrauenrats Hamburg wurde. Ich habe dort viele Jahre im Vorstand gearbeitet und gesehen, wie wichtig der Blick 'über den Tellerrand' (sprich: des Soroptimismus) ist. Die Zusammenarbeit mit anderen Frauenverbänden halte ich nach wie vor für sehr wichtig.

Als ich damals Soroptimistin wurde, war der Hilfsfonds erst gut 5 Jahre alt und hatte sich in erster Linie zur Aufgabe gemacht, bedürftige Clubschwestern zu unterstützen. Als einziges gemeinsames Projekt – die Älteren unter euch werden sich daran erinnern – gab es „Mount Carmel“. Es war zeittypisch, ein Projekt in Israel zu betreuen, da unsere unrühmliche politische Vergangenheit noch deutlicher im Bewusstsein war. Die heutigen Projekte dagegen wie z.B. 'Soroptimists go for Water' oder 'Let's go Green' fördern in Anbetracht der Globalisierung Projekte in aller Welt, was dem Geist des Soroptimismus entspricht.

Die heutige gesellschaftspolitische Entwicklung verschiebt den Schwerpunkt unserer Arbeit in starkem Maße. Es ging beispielsweise zu Beginn meines Clubdaseins nicht so sehr um Integration in unserer Gesellschaft sondern mehr um die soziale Lage in Deutschland. Umweltfragen spielten noch keine gravierende Rolle. Heute denken wir viel stärker an interkulturelle Inhalte. Beispiele dafür sind das 'SOFIA'-Projekt und die Schule in der Türkei für syrische Kinder. Diese Projekte reihen sich ein in das Bemühen der Clubs um bessere Bildung und zukunftsfähige Berufschancen für Mädchen und junge Frauen in aller Welt.

Ich bin froh, dass sich der Soroptimismus den veränderten Anforderungen der Gegenwart stellt, sich weiterentwickelt, die Mitgliederzahl wächst und die internationalen Kontakte eine immer größere Rolle spielen. Möge uns allen auch in der Zukunft die Farben unseres Emblems - aus dem Jahre 1920 - eine Richtschnur sein:

Blau für das klare Denken

Gelb für ein frohes Herz

 

 


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