Weihnachtsbrief des marianne-doell-hauses

Liebe Frau Präsidentin Wagenmann, liebe Clubschwestern,

mittlerweile liegen über 20 Jahre marianne-doell-haus hinter mir und ich freue mich nach wie vor, Teil dieser Dienstgemeinschaft zu sein. Und zu dieser Runde gehören auch Sie, die ich als Verbündete in der Unterstützung unserer Arbeit empfinde. Das erzeugt ein gutes Gefühl und genau dafür danke ich Ihnen.

In diesem Jahr werde ich nicht den Lebenslauf einer ehemaligen Bewohnerin schildern, sondern möchte Ihnen meine ehrenamtlichen Kolleginnen näher vorstellen, indem ich gebeten habe aufzuschreiben, woher sie kommen und warum sie bei uns arbeiten.

Margareta Duschek:

Früher habe ich 13 Jahre lang hauptberuflich in der Bahnhofsmission gearbeitet und mit Beginn der Rente wollte ich ehrenamtlich arbeiten. So führte mich mein Weg in das marianne-doell-haus. Hier habe ich die Möglichkeit, Frauen mit sehr belasteten Lebenswegen zu helfen, die mir auch während meiner Berufstätigkeit in der Bahnhofsmission begegnet sind. An schweren Schicksalen anderer Menschen teilzuhaben, ist für einen selbst oft eine Herausforderung. Aber wenn es mir gelingt, jemanden trösten zu können, ist das gute Gefühl, das sich bei der Betroffenen einstellt, für mich selbst wenigstens genauso wertvoll. Und auch wenn ich nur eine gemütliche Kaffeestunde für die Bewohnerinnen anbiete freut es mich, wenigstens Aufmerksamkeit und Gehör schenken zu können. Z.Zt. bin ich "Springerin", d. h. ich habe keine eigene Sprechstunde, vertrete aber meine ehrenamtlichen Kolleginnen, wenn die z.B. im Urlaub oder aus anderen Gründen verhindert sind. Darüber hinaus bin ich ansprechbar, wenn eine Bewohnerin auszieht und sich noch ein bißchen Begleitung in der neuen Wohnung wünscht. Ich helfe ihr dann, sich in ihrer neuen Umgebung zurechtzufinden und ggf. auch, neue Kontakte zu knüpfen.

Für eine ehemalige Bewohnerin freue ich mich ganz besonders, denn ich erzählte ihr von meinem Engagement in meiner Kirchengemeinde, die täglich einen pädagogischen Mittagstisch für ca. 40 Kinder und 15 ältere, bedürftige Menschen anbietet. Das interessierte sie und sie fragte mich, ob sie einmal mitkommen dürfe. Ja, natürlich, zumal ich wußte, dass das Kochteam weitere Unterstützung brauchte. Aus diesem „Schnupperbesuch“ ist für sie in der Zwischenzeit eine tägliche Aufgabe geworden: das Kochteam hat sie voll integriert, sie hat Spaß an der Arbeit und zu privaten Kontakten mit einzelnen Gruppenmitgliedern ist es auch schon gekommen, so dass unsere ehemalige Bewohnerin mir erzählt hat, sich jetzt wirklich zu Hause zu fühlen.

Jutta Heinrichs:

Als ich vor vielen Jahren als Haupt-und Realschullehrerin pensioniert wurde, suchte ich für einige Zeit eine ehrenamtliche Beschäftigung, und nun arbeite ich schon seit 15 Jahren im MDH. Dass ich mich damals ganz bewusst für die Arbeit mit Frauen entschieden habe, liegt auch daran, dass ich im Soroptimist Club bin, einer Vereinigung berufstätiger Frauen, die sich für die Rechte der Frauen einsetzt. Ich habe es immer als sinnvoll empfunden, mich mit Menschen zu beschäftigen, die in Not geraten sind und Hilfe und Zuspruch brauchen. Ich habe erfahren, dass mein Zuhören, wenn die Frauen von ihren oft schwerwiegenden Problemen erzählen, ihnen hilft und sie manchmal Tipps annehmen können. Ich freue mich, wenn sie im Laufe der Monate im marianne-doell-haus selbstbewusster und aufgeschlossener werden. Sehr froh bin ich auch immer, wenn ehemalige Bewohnerinnen zu Besuch kommen und erzählen, wie sie ihr Leben in den Griff bekommen haben. Diese ehrenamtliche Tätigkeit ist aber nicht nur ein Geben meinerseits, sondern auch ein Nehmen. Von den Frauen kommt einem auch viel Empathie entgegen. Dazu ein kleines Beispiel: Als mein Mann mal sehr krank war und ich ganz kurz darüber erzählte, kam eine von den Bewohnerinnen auf mich zu, umarmte mich und sagte: Ich werde eine Kerze anzünden und jeden Abend für Ihren Mann beten.

Irene Haarmeyer:

Ich bin 62 Jahre alt und arbeite seit 18 Jahren ehrenamtlich im marianne-doell-haus. Die Arbeit mit den Bewohnerinnen hat meinen Weltblick enorm erweitert. Denn dort treffe ich auf Menschen, die unter anderen Umständen aufgewachsen sind, als meine Freunde und Bekannte. Diese Frauen hatten meist nicht das Glück in einer Familie aufzuwachsen, die ihnen Vertrauen, Liebe und Respekt geschenkt hat. Sie müssen sich allein durch das Leben kämpfen, schlimme Misshandlungen aus ihrer Kindheit verarbeiten, körperliche und seelische Krankheiten meistern, und das alles ohne Rückhalt und Hilfe von vertrauten Personen. Deshalb habe ich gelernt, vor diesen Frauen, die in unserer Gesellschaft oft als Versager oder Schmarotzer angesehen werden, großen Respekt zu haben. Einmal in der Woche leite ich eine Sprechstunde, in der die Frauen am PC nach Wohnungen suchen und wir uns bei Kaffee und Keksen nett unterhalten. Auch wenn wir oft über schwierige Themen reden, können wir doch auch immer zusammen lachen und uns über ganz alltägliche Ereignisse austauschen. Dabei entsteht zu vielen Frauen eine besondere Nähe, fast Vertrauen. Das führte vor Jahren sogar dazu, dass mich eine Bewohnerin bat, sie zu der Geburt ihres Kindes ins Krankenhaus zu begleiten. Das war natürlich ein ganz besonderes Erlebnis und weil es zu einem Kaiserschnitt kam, war ich die erste, die das Kind in den Armen hielt. Das werde ich nie vergessen. Die Gespräche sind oft anstrengend und die Lebensgeschichten sehr belastend. Doch wenn Frauen sich dann bedanken, ich manchmal umarmt werde und Ehemalige uns besuchen, bekomme ich mehr geschenkt, als ich gegeben habe. So sagte vor kurzem eine neue Bewohnerin nach einem gelungenem Gruppenabend: „Jetzt fühle ich mich geborgen und weiß, dass ich hier richtig bin“. Und genau deshalb weiß auch ich, dass das marianne-doell-haus für mich „richtig“ ist.

Wir danken Ihnen nun ganz herzlich für Ihre ausgesprochen wohlgesonnene Hilfsbereitschaft und freuen uns, Sie an unserer Seite zu wissen!

Sie organisieren privat oder in Ihrer Firma Naturalien und liefern sie uns direkt für die Bewohnerinnen sowie zum Unterhalt der Sprechstunden, Sie leisten spontane großzügige Finanzspritzen, die dem „Kostenfresser“ (Personal) zu Gute kommen, Sie helfen mit regelmäßigen finanziellen Zuwendungen für eben diesen Zweck, Sie ermöglichen den Bewohnerinnen tolle Ausflüge innerhalb Hamburgs, Sie überweisen Geld, das den finanziellen Grundstock einer Kurzreise im nächsten Jahr bildet, Sie packen prall gefüllte Kulturtaschen und bringen schöne Kissen, die wir jeweils zum Geburtstag verschenken können, Sie machen dem Nikolaus Beine, auch bei uns hereinzuschneien, Sie liefern uns für die Frauen hübsche Weihnachtsüberraschungen mit allerlei gutem Inhalt, Sie bringen uns vorher abgefragte persönliche Weihnachtswünsche der Bewohnerinnen ins Haus, Sie trennen sich von handlichem Hausrat, Kleinmobiliar und Bildern, die die Bewohnerinnen gut gebrauchen konnten und über das gesamte Jahr haben wir immer wieder ausrangierte schicke und schöne Kleidung sowie Schuhe von Ihnen bekommen.

Wir freuen uns sehr über den bunten, großen Blumenstrauß Ihres Engagements, ohne den eine Einrichtung wie das marianne-doell-haus nicht existieren könnte.

Eine kleine Statistik über 2019: Der Verbleib der 9 ausgezogenen Frauen ist auch in diesem Jahr erfolgreich: 7 zogen in eine Wohnung und nur 2 zurück in eine Notunterkunft. Allerdings ist das eine geringere Fluktuation als in den Vorjahren, die im Schnitt bei ca. 11 Aus- und Einzügen lag (letztes Jahr hatten wir einen Ausreißer nach oben mit 15 Auszügen, was jedoch an der Altersstruktur lag: Etliche konnten aus Altersgründen zusätzlich den Wohnungsmarkt von Stiftungen nutzen, der einem allerdings erst ab 55 bzw. 60 Jahren zur Verfügung steht). Und obwohl nur 9 Bewohnerinnen ausgezogen sind, hatten wir mit dem Finden neuer Bewohnerinnen sehr viel zu tun. Nicht, weil es keine Interessentinnen auf der Warteliste gab, sondern weil wir ca. das Dreifache an Aufnahmegesprächen führen mußten, um ein Appartement neu zu belegen. Dieses Phänomen erleben wir schon seit einigen Jahren und es könnte ein Hinweis darauf sein, dass die Not (und damit verbunden oftmals die psychischen Auffälligkeiten) innerhalb unserer Zielgruppe größer zu werden scheint.

Wir wünschen Ihnen nun eine schöne restliche Adventszeit, frohe Weihnachten mit Freunden und Familie und ein hoffnungsvolles gutes Neues Jahr.

Herzliche Grüße aus dem marianne-doell-haus,

Susanne Rohrmann & Team




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